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Verkehrsnotstand ja - Klimanotstand nein?

Offener Brief zum Artikel "Gesperrte A45: Hilferuf an Kanzler Scholz", Lüdenscheider Nachrichten v. 23.12.2021

pixabay: TheDigitalArtist

Sehr geehrter Herr Bundeskanzler Scholz,
sehr geehrte Bundesminister Habeck, Dr. Wissing und Lindner,
sehr geehrte Unterzeichnerinnen und Unterzeichner des "Brandbriefes" an Kanzler Scholz,

 
ich beziehe mich auf den o.g. Artikel in den "Lüdenscheider Nachrichten" vom 23. Dezember 2021.
 
Verkehrsnotstand ja - Klimanotstand nein?
 
Die globale Klimakatastrophe wird immer bedrohlicher. In Südwestfalen ist sie besonders sichtbar und spürbar. Das Waldsterben z. B., ausgelöst durch den Borkenkäferbefall, ist in Südwestfalen so schlimm wie in kaum einer anderen Region Deutschlands. Ganze Landstriche sind ohne Fichtenbestand, sind kaum wieder zu erkennen.
 
Die Flutkatastrophe im Juli 2021, ausgelöst durch einen bisher nicht gekannten Starkregen, verursacht durch die Klimakatastrophe, hat in Deutschland u. a. Nordrhein Westfalen, und hier ganz besonders Südwestfalen, getroffen und teils massiv zerstört. Neben der Stadt Hagen sind im Märkischen Kreis die Städte Altena, Lüdenscheid, die Gemeinden Schalksmühle und die Ortschaften im weiteren Verlauf der "Volme" Richtung Hagen besonders hart getroffen worden.
 
Seit ca. 2 Jahren wird die Welt von der Corona-Pest heimgesucht. Eine Ende ist nicht absehbar. 
Diese Pest (-Pandemie) und die Klimakatastrophe bedingen einander.
 
Die Welt, die Menschheit, befindet sich in einer beispiellosen Zivilisationskrise. Die jetzige Zivilisation droht angesichts der globalen Klimakatastrophe ausgelöscht zu werden.
 
Am 30. September 2019 hat der Rat der Stadt Lüdenscheid fast einstimming beschlossen, die von der Ökologisch-Demokratische Partei, ÖDP, Kreisverband Märkischer Kreis, nach § 24 Gemeindeordnung NRW angeregte Ausrufung des Klimanotstandes für Lüdenscheid abzulehnen. Es sei "Symbolpolitik".
 
Jetzt richten 42 Unterzeichner aus Politik, Wirtschaft und Gesellschaft aus ganz Südwestfalen einen "Brandbrief" an Sie, den "Klimakanzler" Scholz; an Sie, den "gelb" gewordenen Minister Habeck und die "gelben" Minister Wissing und Lindner, und rufen die Bundesregierung zum sofortigen Handeln auf, um den Neubau der Rahmede-Talbrücke von der A45 in Rekordzeit zu meistern. Es gehe um nicht weniger als die Zukunft der stärksten Industrie- und Wirtschaftsregion in NRW.
 
Klar ist: Die A45 ist  d i e  Verkehrsader in Südwestfalen. An der A45 hängt das Schicksal vieler Arbeitgeber, vieler tausend Arbeitnehmer und ihren Familien. Die plötzliche Sperrung der Rahmede-Talbrücke bedeutet durch die Verkehrsverlagerung außerhalb der A45 für viele Menschen den reinen Horror. Die abrupte Sperrung der Rahmede-Talbrücke ist vergleichbar dem Durchtrennen der Schlagader beim Menschen. Es droht der Tod. Es ist mehr als verständlich, nunmehr alles zu unternehmen, um diesen verkehrs- und wirtschaftlichen Tod zu verhindern.
 
Jedoch: Wo ist die Verhältnismäßigkeit von "Verkehrsnotstand" und "Klimanotstand"? Welche Bedeutung wird dem "Verkehrs-Tod" im Verhältnis zum "Klima-Tod" beigemessen? Ist der Klimanotstand nicht viel lebensbedrohlicher, viel drängender? Warum ruft ganz Südwestfalen nicht den Klimanotstand aus? Warum richtet ganz Südwestfalen wegen des Klimanotstands keinen "Brandbrief" an Sie, Kanzler Scholz und die Bundesregierung?  Wieviele Flutkatastrophen und Pandemien sollen sich denn noch ereignen? Nein, das macht Südwestfalen nicht. Und weshalb nicht? Weil die Räder wieder rollen müssen, wie bisher, für ein "weiter so" und ein "noch mehr". Und wozu: Damit sich dieses System, das Kapitalistische, endgültig zu Tode siegt und alles in den Abgrund reißt
 
 
Sehr geehrter Herr Bundeskanzler,
sehr geehrte Bundesminister,


so dramatisch und schmerzlich die plötzliche Durchtrennung der Verkehrsader A45 ist, so besteht dennoch gerade jetzt die Chance, die Weichen der Verkehrswende in Südwestfalen, aber auch darüber hinaus, in eine andere Richtung, in eine klimaverträgliche Mobilität zu wenden.
 
Zugegeben: Ich habe kein Patent-Rezept dafür. Was ich aber weiß, ist: Dringend ist ein genereller Umbau zu "weniger" und "genug".  Es darf kein "wieder weiter wie vorher und noch mehr" geben. Der bisherige "Wahnsinn der Normalität" muss ein Ende haben. Kann, wie kann eine Mobilitätswende so schnell erfolgen, Südwestfalen nicht "sterben", nachdem in den letzten Jahrzehnten politisch Vieles "von der Schiene auf die Straße" verlagert wurde?
 


Sehr geehrte 42 Unterzeichner des "Brandbriefes",

Rufen Sie in Südwestfalen zuerst den Klimanotstand aus! Schaffen Sie damit in dieser Region das Bewusstsein, das Klima vor Verkehr steht.
Schaffen Sie damit das Bewusstsein, dass es ein Verbrechen an uns selbst, an der (nachfolgenden) Menschheit, an aussterbenden Tier- und Pflanzenarten, an der Natur ist, z. B. Öl(Benzin)-Ressourcen der Menschheit im "Stehen von Autos", in Staus unzähliger täglicher Verkehrs-Infarkte, sinnlos zu vergeuden. Leiten damit Sie selbst die Entwicklung zur Mobilitätswende ein. Südwestfalen ist die Region der innovativen Weltmarktführer!
 
Das Reden, das ständig klug daherkommende "Einlullen" eines "grünen Wachstums" ist ein Trugschluss. Grünes Wachstum ist auch Wachstum. Treibhausgasemissionen, verursacht durch Wachstum, müssen jedoch sofort und drastisch reduziert werden. Wann werden wir keine Maske mehr tragen müssen, wann können wir endlich wieder frei atmen?

Die Forderungen in Ihrem "Brandbrief" an den "Klimakanzler" Scholz zeugen von einer erschreckenden Un-Bewusstheit, wie eindringlich die ganze Region Südwestfalen zwar den "Verkehrsnotstand" ausruft, den "Klimanotstand" jedoch im Kern nach wie vor abtut.
 


Claudius Bartsch
Ökologisch-Demokratische Partei, ÖDP
Kreisverband Märkischer Kreis
ÖDP Ratsmitglied im Rat der Stadt Lüdenscheid
 
PS.: Die email-Adressen der 42 Unterzeichner sind aus Datenschutzgründen ins BCC gesetzt. Eine persönliche email-Zustellung war teilweise nicht möglich.

 

Foto: Claudius Bartsch

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